Fahrbericht - Ein 911 wird restauriert



von Heinz Dangelmaier E-Mail: Heinz.Dangelmaier@gp-online.de
Meine Daten: geb. 14.5.56, verheiratet , 2 Kinder

Beruf: Lehrer ( GHS / Oberstufe / u.a. Technik )

Hobbies:

  • "Zweitberuf": Ausbau von Wohnmobilen (= Möbelbausätze für VW T2 ) 
  • Computer und Internet (VHS-Tätigkeiten)
  • Motorräder: Restaurieren von Youngtimern + MV Agusta Fan. Insgeheim träume ich aber von einer Harley, seit ich ein langes Wochenende mit einer Fat BOY unterwegs war.
  • Modellbau (Dioramen)
  • Lesen, Reisen, Fotografieren usw...
Ticks
  • Zur Zeit stehen ca. 6 PKW´s und 4 Wohnmobile ums Haus herum,
  • in einem extra angeschafften Container lagern 8 Motorräder.
  • Mein Glanzstück, eine MV Agusta RS 175 , Bj. 1959 steht im Wohnzimmer.
Während des Studiums habe ich mir meinen ersten 911er mit der Aufarbeitung , Reparatur von Unfallmotorrädern verdient. Seither bin ich dem Porsche-Bazillus verfallen. Zur Zeit habe ich einen 924er, einen 911er Bj.71 (Restaurationsbericht) und einen 911er 3,2 Carrera Targa ( Bj.84).

Nach einer intensiven Allrad-Phase habe ich wieder zu Porsche zurückgefunden; ein Kollege und Freund sammelt und fährt Ami-Schlitten und will mich gerade zu einem 71er Chevrolet-Chevelle-Cabrio "verführen". Deshalb überlege ich mir ernsthaft, ob ich nicht meinen 71er 911er zum Verkauf anbiete, obwohl ich weiß, daß ich meine Investitionen niemals heraushole.

Meine Modellbau-AG ist bei den Märklin-Tage in Göppingen mit einer Modulanlage von 16m Länge mit dabei. ( http://www.märklin.de

25. Januar 1997

Autokauf - vor allem wenn der Mythos PORSCHE im Spiel ist, verändert die Psyche von Männern!

Daß alle Warnungen wenig Resonanz zeigen, wenn das sogenannte Jagdfieber ausbricht, dürfte ja hinlänglich bekannt sein. Warnungen und Tips z.B. einen Experten mitnehmen, wenn das Auto besichtigt wird, werden in den Wind geschlagen. Wenn das Oldtimervirus im Körper wütet, scheinen Gehirnwindungen und Sehstränge lahmgelegt bzw. fehlgeleitet zu sein.

"The never ending story" beginnt im Januar 1993: Das Objekt der Begierde, ein Porsche 911 E, Bj. 71, angerostet, aber mit TÜV bis 12/93, war mir auf meinem täglichen Weg zur Arbeit schon seit Jahren immer wieder aufgefallen. Der Besitzer versicherte mir, es müßten nur etliche kleinere Schweißarbeiten ausgeführt, evtl. Stoßdämpfer und Bremsanlage erneuert werden, dann wäre neuer TÜV und ungetrübte Fahrfreuden kein Problem. Durch Arbeitslosigkeit sei der Porsche nur in gute Hände abzugeben - in meine natürlich.

Für 8000.- DM wechselte der 911er im April 1993 seine Fahrzeugpapiere und den Besitzer. Stolz wurde er einem Freund gezeigt, der seinen Targa in Hunderten von Stunden von Grund auf wieder aufgebaut hatte. Nachdem er ca. 10 Minuten das Fahrzeug inspiziert hatte, meinte er nur lakonisch: "Schrott, wegwerfreif! Keine müde Mark in das Wrack investieren."

In den nächsten Wochen wurde der 911er dann Stück für Stück zerlegt und die Einzelteile in Kartons verpackt und weggeräumt. Bei dieser Arbeit zeigte sich das ganze Ausmaß des Schreckens: Nachdem der Motor mit Hilfe eines befreundeten Automechanikers ausgebaut wurde, lagen viele Blechteile nur noch in Fragmenten frei. Wenigstens stilvoll verschwand der 911er unter einer maßgeschneiderten Plastikplane und verbrachte dort - still weiterrostend - annähernd ein Jahr.

Verkaufsinserate in Fachzeitschriften brachten zwar mehrere Interessenten, nach eingehender Betrachtung war der Grundtenor jedoch:" Unter Erfahrung abbuchen - und wegschmeißen!" Mein Leid klagte ich immer wieder dem Besitzer meiner Tankstelle, der zu der Zeit, (Sommer 1994), selbst Probleme mit der Restauration seines aus den USA importierten Austin Healey 3000 hatte.

Dieser war zur Restauration nach Ungarn transportiert worden, Abschlagszahlungen folgten, gearbeitet wurde am Fahrzeug jedoch nicht. Als Retter in der Not tauchte dann Herr Daniel Müller auf. Er verfrachtete den Healey in eine kompetente Werkstatt und nach mehreren Wochen rollte ein toprestaurierter MK 3000 vom Hänger.

Die Wartezeit wurde mit wöchentlicher Bilddokumentation überbrückt. Dies war Grund genug, auch den Porsche 911 als Restaurationsobjekt ins Auge zu fassen. Nachdem ein Termin gesetzt war, wurden die Blechteile wieder provisorisch ans Fahrzeug geheftet, die Kartons mit Einzelteilen und viel Fachliteratur wechselten zeitweise den Besitzer. Das alte "Schrott-wegwerf-Spiel" wiederholte sich beim Zoll, bis der 911er Anfang August 1994 im geschlossenen Hänger Richtung Ungarn rollte. In den nächsten Wochen kamen immer wieder Bilder, die eine zerfledderte poröse Karosserie zeigten. Herr Müller brachte mir ein Heckseitenteil mit, auf welchen 4 Bleche übereinander geschweißt waren. Lediglich der Unterboden sei in relativ gutem Zustand, wurde mir berichtet. Die Blecharbeiten an der Außenhaut machten sichtbare Fortschritte. Ich machte mich daran, einen kompletten Gummisatz für das Fahrzeug zu besorgen; wenn man schon dabei ist, spendiert man noch eine neue Bremsanlage, eine neue Windschutzscheibe usw..

In der Zwischenzeit wurde der Motor abgeholt. Herr Müller hatte einen Motorenspezialisten aus der örtlichen Veteranenszene an der Hand, der sich des Motors optisch und technisch annahm. In diesem Zusammenhang wurden dann eine neue Kupplung, neue Wärmetauscher - natürlich Edelstahl - und ein neuer Auspuff spendiert. Daß ca. 300.- DM Differenz zwischen einem Dichtungssatz für Zenith- und Webervergaser liegen, weiß ich seit diesem Zeitpunkt auch, ebenso, daß die Wartezeit für die Teile doch mehrere Wochen dauern kann.

Der ursprüngliche Liefertermin im Dezember´94 - als Weihnachtsgeschenk - hatte sich mittlerweile ebenfalls zerschlagen, die Restauratoren mußten einfach zu viele Bleche neu anfertigen und einschweißen.

In der Zwischenzeit hatte ich von der Porschelackiererei mehrere Kennzeichen erhalten, neu lackiert mit den Originalfarben von 1971 als Muster für die Lackierei in Ungarn. Ein Superservice der Fa. Porsche. Meine Frau wählte hellelfenbein als Farbe, zum originalen Orange konnte sie sich nicht durchringen.

Im Januar und Februar brachte Herr Müller mir dann Bilder, die wieder einen zum größten Teil kompletten 911er zeigten; Ende Februar erhielt ich dann den Anruf, der Porsche sei lackiert und würde Anfang März vor der Haustür stehen.

Am Samstag, 4.3.95 klingelte es gegen 10.00 Uhr. Meine Frau meinte kurz angebunden:"Jetzt kommt dein Auto." Und tatsächlich, vor der Tür stand auf einem Transporter mein 911er, hochbeinig und frisch lackiert, kein Vergleich zum abgegebenen Schrotthaufen.

Leider war der Innenraum im "Originalzustand", nur der Himmel war neu eingezogen. Die Sitze fehlten ganz und im Innenraum stand auf der Beifahrerseite eine größere Pfütze (eine neue Heckscheibendichtung hatte ich vergessen!). Herr Müller beschwichtigte mich, ich solle den Wagen in die Garage stellen und in den nächsten Tagen eine Mängelliste aufstellen.

Karosserieseitig war der 911er beinahe perfekt hergerichtet. Nur die Türen hatten zu den Schwellern das falsche Spaltmaß. Weiter fiel mir auf, daß annähernd keine der Dichtungen, die ich für teures Geld nach Ungarn geschickt hatte, eingebaut worden war. Nachdem ich mich unter den Wagen legte, stellte ich fest, daß weder neue Bremsleitungen noch ein neuer Hauptbremszylinder installiert waren. Diese Arbeiten würden in Deutschland ausgeführt, versicherte mir Herr Müller.

Hin und her gerissen zwischen Freude und "Frust" über meine fehlenden Teile, erstellte ich eine Mängelliste:
 

Überprüfen, ob eingebaut:
Gelieferte Teile / nicht eingebaut:
Danach setzte ich mich an den Schreibtisch und bestellte die fehlende Heckscheibendichtung sowie einen neuen Auspuff, da sich der alte, bei näherer Betrachtung, sehr löchrig zeigte. Ebenso entschloß ich mich, mir einen neuen Teppichsatz zu gönnen.

Nach Besprechung der Mängelliste und Eintreffen der Ersatzteile, wurde das gute Stück wieder einmal auf die Reise nach Ungarn geschickt. Diesmal mit eingesetztem Motor, um den Weg über die Grenze mit Roter Nummer auf eigener Achse zu machen.

(In diesem Zustand war der 911er nun nicht mehr als "Schrott" zu deklarieren) 4 Wochen später stand er wieder vor der Garage. Die Lackierer in Ungarn hatten das Fahrzeug nochmals komplett zerlegt, abgeschliffen, ausgerichtet und neu lackiert! Undenkbar in Deutschland, bei den derzeitigen Werkstattpreisen!

Die Spaltmaße stimmten nun. In der folgenden Woche wurden die Bremsen komplett überholt und der Motor nochmals eingestellt. Auch eine kurze Probefahrt mit Roter Nummer war angesagt.

Bei einer Bewertung würde sicher keine 1er Restauration herauskommen. Entstanden ist ein grundsolides Fahrzeug, welches im Sommer sicher viel Spaß machen würde:

Der Oldie wartet seit Sommer 1994 trocken und abgedeckt in der Garage auf seine endgültige Fertigstellung. Zur Zeit kämpfe ich schon mit mir, ob ich etwas mit dem damaligen Zeitgeist gehe und zur vorhandenen RS-Stoßstange noch das RS-Bürzel spendiere. Ein weiterer "Mangel" ist der z.Zt. montierte 2,2l-Vergaser-Motor, der irgendwann dem Original 2,2-E-Motor weichen muß.